Bericht zur Tour
Autor
Claude Andres
Erstellt am
23.03.2016 17:24
Letzte Änderung
24.03.2016 12:30
Tourenbericht

Teilnehmer: 7 Clubmitglieder, 5 Gäste

Roman David, Lotti Gläser, Alfi Gläser, Manfred Lorch, Giordano Schenini, Peter Spinnler
SAC Hoher Rohn:
Felix Caprez, Lilo Bigler, Ernst Bigler, Galli Helene, Galli Ernst

Fotos: Claude, Peter, Felix

Verhältnisse:
1. Tag: Kaiserwetter, Lawinenbulletin mässig
2. Tag: Wolken, Sonne, Sturmwind, Böen in Orkanstärke, Lawinenbulletin mässig

Bericht: 1. Tag, Manfred Lorch:
Kurz nach der gegenseitigen Begrüssung und dem Kaltstart in Ossasco sind wir in den Waldkehren schon stark gefordert. Gewisse Abschnitte präsentieren sich wie emaillierte Badewannen, denn der Weg ist gleichenorts auch die Talabfahrt. Wir knorzen erfolgreich zu den lichten Lärchenwäldern hoch, wo uns, wie üblich, der umsichtige Claude die erste Pause verordnet. Später dann die Sicht auf die einzigen, winterverschlafenen Alphütten aus Stein, der Alpe Christallina. Nun vergessen wir mal die Nostalgie: Vor Jahren waren da noch sinnvoll ins Gelände gelegte Spuren. Heute folgen wir brav der Elefantentrampelspur in der Diretissima. Unsere feinmuskuläre Arbeit federt all die Löcher und Unebenheiten der Unterlage ab. Gutmütig oder bequem, wir ziehen meist keine eigenen Spuren, verständlich bei 1250 m Höhendifferenz.
In den Nordhängen erkennen wir rhythmisch gezeichnete Vorfahrer-Spuren, das lässt uns auf morgen hoffen. Die Südhänge erfordern zeitweises Abstandgehen. Endlich Ruhe, um mit sich und den eigenen Gedanken ins Reine zu kommen. Bei mir kreisen sie abwechslungsweise um das herrliche Blau im Kontrast zum Weiss und Grau und um die körpereigenen Zipperlein. Vier schöne Pausen bei dieser tollen Landschaft sind gerade passend. Ein Furggeli nach dem andern ist zu betrachten, versetzt mit den Spuren von Frühaufstehern. Wie die Hütte in Sicht kommt, seufzen ein paar unter ihrer Rucksacks- und Alterslast.
Geschafft, Entlastung naht! Wie verschieden das abgeht, kann Mann und Frau selber feststellen, Claude ziehts zum Bier, andere zum Auspacken, später zum Powernap oder zum Jass. Auch die Smartphones müssen bedient werden, schliesslich fühlen wir uns noch jung... Von der Sonne und der Kühle haben wir fürs Erste genug, aber auf morgen sind wir alle gespannt. Eine klare Nacht mit Mondeshelle kündigt sich an. Das feine Hüttenessen geniessen wir mit Freude. Aaron, der Hüttenwart, serviert. Einer üppig sättigenden Suppe folgt ein Saucenbraten mit Tessiner Polenta samt Dessert im Glas: Verlorene Kalorien sind wieder eingefangen! Nach angeregten Gesprächen ziehen sich ein paar frühzeitig zurück, um den Schnarchern mit Oropax bewehrt zuvorzukommen.
Gute Erlebnisse sind geplant als interessante, praktikable Einfälle. Danke, Claude, dass du solche gehabt hast.

Capanna Cristallina, Claude:
Aaron und Oksana Rezzonico, das Hüttenwart-Paar, führen die auf 2575 m gelegene Capanna Cristallina vorbildlich und mit grossem Engagement für ihre Gäste. Von der ersten Minute an fühlst du dich in dieser perfekt organisierten Hütte willkommen. Die Infrastruktur lässt keine Wünsche offen. Oksana, die Küchenchefin, hat uns eine feine Tessiner-Polenta mit einem noch feineren Braten zum Nachtessen gekocht. Aaron ist nicht nur im Service, sondern auch in der Organisation des reichlichen Frühstücks ein Meister.
Lieber Aaron und Oksana, Herzlichen Dank für eure sehr geschätzte Gastfreundschaft. Macht weiter so. Wir kommen sehr gerne wieder.

2. Tag, Felix Caprez
Ungefähr drei Uhr früh, beim Blick aus dem Fenster: ein prächtiger Beinah-Vollmond am wolkenlosen Himmel taucht Gipfel und Schneeflächen in wunderbares, nächtliches Licht. Ideales Vorzeichen für die bevorstehende Tour!... Kaum eine Dreiviertelstunde später fährt ein scharfer Wind um Felsen und Hütte und macht tüchtig Lärm; Nebel vor dem Fenster. Die Decke über den Kopf und wieder einschlafen.... wenn's geht. – Beim reichhaltigen Frühstück ein paar Stunden später im gemütlich warmen Hüttenraum poltert draussen nun ein kräftiger Nordsturm über den Pass und fegt mächtige Schneefahnen Richtung Robiei. Die Cima di Lago, unser eigentliches Ziel ist kaum zu erkennen; bald wird klar, dass wir sie für heute vergessen müssen. Doch die Route hinüber ins Cavagnolotal und nach All' Acqua hinunter ist gesetzt. Während des Aufstiegs zum Passo della Cima di Lago scheint der Sturm weiter zugenommen zu haben. Wohl ist der Nebel höher gestiegen, er lockert sich häufiger, aber die Böen machen das Vorwärtskommen beschwerlich und erfordern grosse Aufmerksamkeit, will man nicht plötzlich umgeworfen werden, erst recht bei Spitzkehren! – Das Abfellen und bereitmachen für die kurze Abfahrt zum Ghiacciaio di Valleggia hinunter gerät im stiebenden Weiss auch etliche Meter ennet der Passhöhe zu einem veritablen Kunststück und erfordert seine Zeit. – Immer blauer wird der Himmel, der Wind jedoch kein bisschen leiser! Auf dem Ghiacciaio müssen die Felle natürlich wieder an die Schier für die hundert Meter Gegensteigung. Aber Schneestaub noch und noch auf der "Klebeseite" der Geckos verhindert deren Haften an den Gleitflächen lange erfolgreich. Eiskalte Hände, Kuhnagel, stille Flüche und mitleidig-spitze Kommentare begleiten die Sisiphosarbeit, die irgendwann doch zu Ende ist und das Aufsteigen erlaubt – in eindrücklicher, sturmdurchtoster Alpinszenerie. Viele Tourenfahrer haben an den vergangenen sonnigen Tagen ihr Vergnügen in den einladenden Cavagnolohängen gefunden. Ihre Jauchzer beim Pulverschnee schwingen scheinen noch in der Luft zu klingen. Aber ihre durch Tag- und Nachttemperaturen, Wind und Sonne verkrusteten Spuren lassen heute ein unbeschwertes Fahren nur eingeschränkt zu. – Weiter unten gibt's freilich auch für uns noch etlichen Pulverschnee zu geniessen, und der Blick zurück beim Mittagshalt ergibt die eindeutige Bilanz: Eine tolle, nicht ganz alltägliche Tour wird zu Ende sein, wenn wir die Steilstufe zur Talsohle hinab hinter uns haben und gemütlich bei Kafi und Crèmeschnitte sitzen werden. Danke, Claude!

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